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LIEBE NADINE, LIEBER ARENDT, KÖNNT IHR EUCH UND AEANCE KURZ VORSTELLEN? Nadine:Arendt und ich haben Aeance in 2015 gegründet. Der Impuls entstand aus einem Bedarf, den wir selbst hatten. Wir liebten schon immer Bekleidung in reduziertem Design und höchstmöglicher Qualität. Jedoch war uns die ‚Funktion‘ von Alltagskleidung einfach zu wenig, gerade auf Reisen und zum Sport auch nicht vielseitig genug einsetzbar. Wir wünschten uns eine Kombination der beiden Welten, ernsthafte technische Funktion mit elegantem, reduziertem Design. Bekleidung, die nicht in Kategorien denkt, sondern für Sport, Reise und Alltag gleichermaßen einsetzbar ist. Wir sind ambitionierte Ausdauersportler und Outdoor-Liebhaber, wissen daher sehr genau wieviel Potential in der richtigen Ausrüstung liegt - beim Sport und auch im täglichen Leben. So entstand die Idee für Aeance.Der Fokus auf höchstmögliche ökologische Nachhaltigkeit war und ist dabei für uns eine Selbstverständlichkeit und wichtige persönliche Mission. Unser wunderschöner Planet Erde - und unsere Zukunft - ist von Gier und Achtlosigkeit in hohem Masse bedroht, die Mode-/Textilindustrie spielt dabei leider eine große Rolle. Es wäre unvorstellbar für uns, eine eigene Firma zu gründen, ohne einen Unterschied machen zu wollen.
AEANCE STEHT FÜR DIE VERSCHMELZUNG VON SPORTSWEAR UND HIGH- FASHION. GERADE IN PUNCTO MATERIALIEN HEBT IHR EUCH VON ANDEREN BRANDS AB. WELCHE ASPEKTE SIND EUCH HIERBEI WICHTIG? Arendt:Die Materialien sind eine große Leidenschaft von uns - wir sind echte ‚Material Geeks‘. Es beginnt immer mit der Funktionalität und Qualität. Dies ermöglicht erst Komfort, Wetterbeständigkeit, Klimamanagement, Pflegeleichtigkeit und Langlebigkeit, alles wesentliche Aspekte, die unsere Teile bieten. Mit einer entsprechenden Auswahl unserer Teile kann man mit leichtem Gepäck ziemlich lange unterwegs sein.Daraus abgeleitet versuchen wir immer das umweltfreundlichste Material für das entsprechende Produkt und dessen Anforderungen einzusetzen. Wir haben ein enges Netzwerk zu wunderbaren, und hochinnovativem Lieferanten aufgebaut. Wir setzen sehr gerne Naturmaterialien oder bio-basierte Materialien mit guten technischen Eigenschaften wie Merinowolle oder Micro Modal ein, dort wo es die Funktion erfordert auch synthetische Materialien, diese immer nach strengsten ökologischen und ethischen Standards wie bluesign®, OEKO-TEX® oder GRS (Global Recycle Standard). In unseren zuletzt vorgestellten Teilen in Zusammenarbeit mit dem Industriedesigner Konstantin Grcic sind 96% der Textilien recycelt, reine Naturmaterialien, biologisch abbaubar oder bio-basiert. Ganz wichtig ist uns auch die Vermeidung von PFCs - dies sind gesundheitsschädliche ‚everlasting chemicals‘ die auf ewig in der Umwelt verbleiben, leider aber noch in vielen Produkten im Markt verwendet werden - vor allem in wetterfester Bekleidung. PFCs können inzwischen im Blut jedes Menschen nachgewiesen werden. Der Hollywood-Film ‚Dark Waters‘ aus 2019 befasst sich mit diesem Thema sehr eindrücklich.
ZUM THEMA NACHHALTIGKEIT TUT SICH MOMENTAN SEHR IN DER TEXTILBRANCHE. WAS SIND FÜR EUCH HIER DIE GROSSEN THEMEN? Nadine:Das Thema ist enorm vielschichtig. Es gibt noch nicht die ultimative Lösung außer den Konsum massiv einzuschränken und auf Qualität zu setzen. Auch aktuell überwiegend mit einem Nachhaltigkeitsimage versehene Materialien haben noch Nachteile: Bio-Baumwolle zum Beispiel benötigt oft noch immens viele Ressourcen. Bei Wolle gibt es nur limitiertes Rohmaterial für die gesamte Bevölkerung, abgesehen davon, dass das Tierwohl auch dabei berücksichtigt werden muss. Recycling- oder aktuelle biobasierte Synthetik kann auch nur ein Zwischenschritt zu noch nachhaltigeren synthetischen Materialien sein. Dennoch ist es sehr wichtig, diese Schritte zu tun, Veränderung zu leben und weiter voranzutreiben. Die Metathemen im Feld Nachhaltigkeit sehen wir in jedem Fall in innovativen, noch nachhaltigeren Materialien und dem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen, und in Zirkularität. In der Forschung wird noch sehr viel passieren, eine ganz neue Generation von Materialien entstehen. Ein weiteres enorm wichtiges Thema sind sichere und gut bezahlten Arbeitsplätze. Es kann nicht sein, dass andere den Preis für unsere Kleidung bezahlen. Ziel ist es Materialien und Produkte zu entwickeln die nicht weniger schlecht, sondern gut sind. Die gesamte textilverarbeitende Industrie muss sich umstellen, und zwar eigentlich gestern schon. Es ist in den letzten 5 Jahren einiges passiert aber das größte Thema ist wohl, dass uns die Zeit davonläuft. Als wir Aeance gegründet haben war Nachhaltigkeit ein Nischenthema und wir wurden teilweise belächelt, heute kommt man zumindest kommunikativ gesehen fast nirgendwo mehr daran vorbei. Um so wichtiger wird die Unterscheidung zwischen ‚Greenwashing‘ und echter Substanz, dafür bedarf es glaubwürdiger und transparenter Zertifikate. Ohne Vorgaben durch den Gesetzgeber wird es wohl kaum gehen, um eine schnelle und vor allem breite Veränderung in der Industrie und Gesellschaft weiter voranzutreiben. Auch wird zum Beispiel der Gedanke von Recycling ad absurdum geführt, wenn man es als Rechtfertigung für Fast Fashion und schnelllebigen, überflüssigen Konsum verwendet.
Wir möchten alle Menschen zum Konsum von weniger, aber besseren Dingen inspirieren - und das auch nur dann, wenn sie etwas wirklich benötigen - ‚Less but better‘ ist der Kerngedanke.
Unser Planet ist in einem schlimmen Zustand, die Fakten zu Klimawandel und Artensterben im Ergebnis fatal für die Menschheit. Wir glauben dennoch fest daran, dass eine tiefe Verbindung und Leidenschaft zur Natur uns noch eine positive Zukunft ermöglichen kann, und möchten dazu inspirieren – ‚Nature for Future‘ ist dabei unser Mantra.
EURE KOLLEKTIONEN SIND SAISON- UNABHÄNGIG. WELCHE IDEE STECKT DAHINTER? Nadine:Den Sinn von Saisons in der Mode haben wir schon immer hinterfragt. Natürlich gibt es das Thema Jahreszeiten, verschiedene klimatische Verhältnisse. Auch ‚neues‘ ist natürlich immer irgendwie spannend. Andererseits werden Saisons in den Industrien verwendet, um möglichst viele Produkte in kurzer Zeit zu verkaufen, die dann schnell ‚alt‘ sind. Das widerspricht unserer Philosophie ganz grundsätzlich. Daher denken wir hier immer ohne Saisons und im Sinne von ‚Layering‘, also dass man alles flexibel und nach Bedarf miteinander kombinieren kann. Im Sinne eines modularen Systems.
DER INDUSTRIEDESIGNER KONSTANTIN GRCIC ENTWARF FÜR AEANCE DIE DRITTE KOLLEKTION. WIE KAM ES ZU DER ZUSAMMENARBEIT? UND WAS IST DAS BESONDERE AN DER SYMBIOSE AUS PRODUKT UND MODE- DESIGN? Arendt:Wir kannten Konstantin schon eine Weile; sind Fans seiner Designs, nicht zu Unrecht ist er einer der renommiertesten Industriedesigner. Als Aeance launchte hat er bereits einige unsere Teile getestet und regelmäßig getragen. Die Idee zu einer gemeinsamen Kollektion kam uns ganz spontan. Er fand die Idee sofort toll, hatte als Industriedesigner noch nie eine Bekleidungskollektion entworfen. Genau dies war unser Grund ihn zu fragen, da wir eine andere Sichtweise auf Bekleidung haben wollten. Auch insgesamt möchten wir ‚Fashion‘ als Begriff in unserem Konzept nicht so sehr überstrapazieren. Mode und künstlerischer Ausdruck ist eine wichtige Inspirationsquelle für uns. Gleichzeitig möchten wir mit Aeance vor allem einfach gute und ästhetisch anspruchsvoll designte Produkte entwickeln, sehen uns im Kern auch noch mehr als Marke für funktionale Bekleidung, denn als ‚Modelabel‘. Dies passt aus unserer Sicht perfekt mit Industriedesign zusammen.
WAS MUSS FÜR EUCH EIN PERFEKTES OUTFIT KÖNNEN? Arendt:Am besten natürlich ‚alles‘ - aber sagen wir ‚möglichst viel‘. Wir haben diese Idee des ‚Future Apparel‘ im Kopf, an der wir uns orientieren - eine neue Generation von Bekleidung, die Umziehen überflüssig macht. Wir glauben, dass in Zukunft jeder eine Art von technischer Bekleidung verlangen wird, die man den ganzen Tag tragen kann – von der Stadt bis zum Berggipfel und ins Bett…naja, oder sagen wir in den Schlafsack auf dem Berggipfel. Sie ist komfortabel, riecht nicht, sie ist elegant und reduziert, man sieht ihr ihre Funktion nicht unmittelbar an. Sie vereinfacht unser Leben und erhöht unser Wohlbefinden.
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